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Novemberpogrom

Denkmal am Landhausplatz.

Am Abend des 09.11.2022 jährt sich das Novemberpogrom zum 84. Mal. Über das gesamte Gebiet des Dritten Reiches kommt es während des Novemberpogroms zu brutalen Angriffen auf jüdische Institutionen, Geschäfte und auch Juden und Jüdinnen selbst, von denen allein in dieser Nacht bis zu 400 ermordet werden.

Wusstest du, dass Innsbruck in der Pogromnacht einer der blutigsten und brutalsten Schauplätze war?

Von Mitgliedern nationalsozialistischer Organisationen wurde unfassbare Gewalt gegen jüdisches Leben ausgeübt und in mehreren Fällen sogar ausgelöscht. Vielen Innsbrucker:innen ist das Ausmaß der Gewalt und seine Verbreitung über das Stadtgebiet hinweg jedoch nicht bekannt, was einen schmerzlichen Missstand darstellt.

Wir haben daher bereits im Jahr 2020 einzelne Geschichten von Jüdinnen und Juden aufgegriffen und auf unseren Social Media Kanälen veröffentlicht. Die Zusammenstellung ist nun auch hier zu finden, die Links zu den einzelnen Posts sind an der jeweiligen Stelle angeführt. Wir wollen erzählen, was Jüdinnen und Juden in der Pogromnacht angetan wurde und ihre weitere Biografie darstellen, soweit dies möglich ist. Soweit dies möglich ist, da es zum einen nie ein definites Ende bei der Erinnerung an die Gräueln des Nationalsozialismus geben kann. Soweit dies möglich ist, da es zum anderen nie einen endgültigen Forschungsstand geben wird und wir immer weiter daran arbeiten müssen.

In unserer Recherche haben wir uns auf verschiedene Quellen gestützt, wie etwa www.novemberpogrom1938.at oder auch die Israelitische Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg.

Bild der Adresse Adamgasse 9

Adamgasse 9

„In der Adamgasse 9 werden Ephraim und Mina Diamand von SA-Männern brutal angegriffen – ihre Töchter Klara und Auguste sind (wahrscheinlich) ebenfalls in der Wohnung. So wird die 65-jährige Mina Diamand mit Angriffen auf die Brust und das Gesicht attackiert. Ihr Mann Ephraim wird – vor allem beim Versuch seine Frau zu verteidigen – brutal mit einer Holzlatte angegriffen und durch das Stiegenhaus geworfen.

Der gemeinsame Sohn Bernhard ist am Abend an einer anderen Adresse, trotzdem werden er und sein Vater später in „Schutzhaft“ genommen, kommen Tage darauf jedoch wieder frei. Ephraim und Mina werden 1938 nach Wien zwangsweise umgesiedelt, während Tochter Klara mit ihrem Sohn Felix nach Frankreich kommt, wo sie ihn in die Obhut einer französischen Familie gibt, nur um danach nach Wien zurückzukehren, um sich um ihre Eltern kümmern zu können. Mina stirbt 1939 im Sammellager Malzgasse, Ephraim drei Jahre später in Wien Steinhof. Klara wird 1942 nach Izbica deportiert, wo sie stirbt. Auguste wird im selben Jahr nach Polen deportiert, wo sie ermordet wird. Klaras Sohn Felix überlebt in Frankreich.“

Originalposting hier

Bild der Andreas-Hofer-Straße 3

Andreas-Hofer-Straße 3

„In der Andreas-Hofer-Straße leben der 69-jährige Martin Steiner, der bis zur Arisierung Inhaber der Firma S. Steiner (Likörfabrik, Branntweinbrennerei und Teegroßhandel) war, und seine 65-jährige Frau Rosa Steiner. In der Nacht des Novemberpogroms dringen SA- oder NSKK-Männer in die Wohnung der Steiners ein und malträtierten beide brutal. Beide werden verprügelt und auch mit Bierflaschen angegriffen, sodass Martin Steiner nicht nur Rippenprellungen oder -brüche erleidet, sondern auch eine Verletzung am Kopf und eine schwere Verletzung am Fuß. Aufgrund der Angriffe ist Marin Steiner längere Zeit danach auf einen Gehstock angewiesen.
Martin und Rosa Steiner werden am 28. Dezember 1938 nach Wien zwangsübersiedelt, wo Martin 1941 stirbt. Rosa Steiner wird 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert und von dort aus in das Vernichtungslager Maly Trostinec. Nur die schon verheiratete Tochter Gabriele überlebt die NS-Zeit, da sie kurz nach dem „Anschluss“ in die USA fliehen konnte.“

Originalposting hier

Bild des Hauses in der Andreas-Hofer-Straße 13.

Andreas-Hofer-Straße 13

„Hugo Schindler wird, nachdem er und sein Bruder schon zuvor malträtiert und ihrer Unternehmen enteignet wurden, in der Andreas-Hofer-Straße 13 brutal von NSKK-Männern angegriffen. Mit einem Klavierhocker wird auf ihn eingeprügelt und er erleidet Tritte mit genagelten Schuhen ins Gesicht. Die komplette Wohnung wird zerstört. Seine Schwägerin Margarete wird nicht angegriffen, die Frau Edith ist wahrscheinlich bereits in England, wohin sie ihren Sohn Kurt im September 1938 aus Sicherheitsgründen schickte. Hugo Schindler wird von einem benachbarten Arzt nach den Angriffen versorgt und ins Sanatorium der Kreuzschwestern in der Kaiserjägerstraße gebracht. Dieses verlässt er nach vier Tagen, nur um direkt darauf nach England zu seiner Frau und seinem Sohn zu fliehen. 1948 kehren beide in die Andreas-Hofer-Straße 13 zurück, ihr Sohn folgt ihnen ein halbes Jahr später und auch die Schwägerin Margarete kehrt wieder zurück. Hugo Schindler stirbt 1952.“

Originalposting hier

Foto des Hauses mit der Adresse Andreas-Hofer-Straße 29

Andreas-Hofer-Straße 29

„Die SA-Männer, die schon die Familie Pasch in der Salurner Straße 3 attackierten, sind nun bei der Familie Anna Seidl und Adolf Neumann angekommen, deren Sohn Willi 1938 nach Palästina (heute Israel) flieht und dort 1939 tragisch bei einem Minenunfall stirbt. In deren Wohnung in der Andreas-Hofer-Straße 29 halten sich jedoch nicht nur die beiden auf, sondern auch Julius Pasch – der Bruder von Friedrich Pasch –, dessen Frau Emma und die Töchter Gerade und Ruth (die Kinder Hilde, Edith, Janne und Hans konnten schon ins Ausland fliehen). Adolf ist Mitglied der Kultusgemeinde und den Eheleuten gehörte die kurz zuvor arisierte Branntweinbrennerei und Likörfabrik „Grätzer und Seidl“. Julius ist sogar der Stellvertreter in der Kultusgemeinde des in der Pogromnacht ermordeten Richard Bergers – ihm gehörten auch zwei zuvor arisierte Schuhgeschäfte.
In der Nacht des Novemberpogroms klingeln die SA-Männer Anna Seidl und Adolf Neumann aus dem Schlaf und erkundigen sich zuerst, ob beide mitbekommen hätte, was in Paris vorgefallen sei. Beide verneinen dies und nachdem die SA-Männer sie über das Attentat auf den deutschen Diplomaten informieren, attackieren diese Anna und Adolf so heftig, bis diese das Bewusstsein verlieren. Sie schauen sich weiter in der Wohnung um und finden die Kinder Gerad und Ruth Pasch in ihren Betten aufrecht sitzend vor. Beide werden nicht attackiert, werden jedoch gefragt, ob sich noch weitere Personen in der Wohnung befinden. Beide bejahen dies und sagen, dass die Eltern im Zimmer nebenan sind. Die SA-Männer verlassen das Zimmer nach kurzer Beratung, da sie wahrscheinlich meinen, dass Anna Seidl und Adolf Neumann die Eltern sind. Durch diese Fügung werden Julius und Emma Pasch nicht entdeckt und angegriffen. Anna Seidl erwacht aus ihrer Bewusstlosigkeit mit einer gelähmten Gesichtshälfte während die SA-Männer noch in der Wohnung sind, und erst als sie um Erbarmen bittet und einem Wurf eines schweren Gegenstandes ausweicht, verlassen die Männer die Wohnung. Im Laufe des Abends läuten noch zwei weitere Truppen bei der Wohnung, die Anna Seidl jedoch abwimmeln kann.
Adolf Neumann wird nach der Nacht für eine Woche im Krankenhaus verarztet, während Anna Seidl in häuslicher Pflege verarztet wird. Anna und Adolf heiraten noch 1938, bevor sie am 20. Dezember 1938 nach Wien zwangsumgesiedelt werden. 1942 werden beide in das KZ Theresienstadt deportiert, 1944 wird Adolf Neumann nach Auschwitz transportiert, wo er ermordet wird. Anna Seidl-Neumann kehrt nach dem Krieg nach Innsbruck zurück und bleibt dort bis zu ihrem Tod 1957. Julius Pasch kann noch in der Tatnacht seine Tochter Edith in Paris anrufen, um die Ausreise zu beschleunigen, und innerhalb eines Tages kann sie mit der Unterstützung des jüdischen Konsuls Monsieur Simon Ausreisevisa für ihre Eltern und Geschwister organisieren. Bevor Julius, Emma, Gerda und Ruth am 29. November Innsbruck verlassen können, versuchen SA-Männer Julius Pasch am 11. November in der Wohnung der Seidl-Neumanns festzunehmen, was ein Arzt verhindern kann, der Anna Seidl verpflegt. Sie fliehen über Italien nach Frankreich und schicken ihre Töchter Ruth und Gerda von Paris aus nach England, während sie mit Tochter Edith unter großer Gefahr in Paris bleiben. 1941 erhalten Julius, Emma und Edith Pasch eine Einreiseerlaubnis nach Kuba, von wo aus sie in die USA gelangen, wohin ihnen Gerda, Ruth und Hans 1944 folgen. Julius Pasch stirbt wenig später, Emma stirb 1952 in New York.“
Bild der Adresse Andreas-Hofer-Straße 29

Andreas-Hofer-Straße 29

„In der Andreas-Hofer-Straße 29 lebt auch die Familie Goldenberg, die aus dem Vater Arthur, der Mutter Rosa und den Söhnen Fritz und Alfred besteht. Einige Tage vor dem Novemberpogrom begeht Rosa Goldenberg Selbstmord, indem sie sich aus dem 2. Stock aus dem Fenster wirft. Auslöser ist wahrscheinlich eine Frist zur Zwangsräumung, die nicht einhaltbar ist. Am 02. November stirbt Rosa und dies ist auch der Tag, an dem Alfred Richtung Palästina (heute Israel) flüchtet. Auch Arthur und Fritz bereiten sich auf die Abreise vor.
In der Nacht des Novemberpogroms werden Arthur Goldenberg und sein Sohn Fritz (wahrscheinlich) von denselben SA-Männern heimgesucht, die zuvor Anna Seidl und Adolf Neumann hemmungslos attackierten. Die Männer verschaffen sich Eintritt in die Wohnung der Goldenbergs und greifen Arthur dort brutal an – so brutal, dass sie ihm sogar die Zähne einschlagen. Der Sohn Fritz hört dies alles mit und sieht im Anschluss seinen Vater stark blutend auf dem Boden liegen.
Nach der Pogromnacht übernachtet Arthur Goldenberg aus Furcht einige Nächte bei Anna Seidl, deren Ehemann Adolf Neumann nach den Angriffen stationär im Krankenhaus verpflegt wird. Arthurs Schwägerin, Frau Gutmann, war schon nach dem Selbstmord ihrer Schwester Rosa nach Innsbruck zur Unterstützung gekommen und fährt später nach Wien – wahrscheinlich hat sie den Sohn Fritz auch dorthin mitgenommen. Arthur Goldenberg verlässt Innsbruck am 30. November 1938 und flieht am 29. April mit seinem Sohn Fritz an Bord eines Schiffs nach Palästina (heute Israel), das sie in der Nacht vom 01. auf den 02. Juni 1939 im Hafen von Haifa erreichen.“
Foto des Hauses mit der Adresse Andreas-Hofer-Straße 40

Andreas-Hofer-Straße 40

„In der Andreas-Hofer-Straße 40 leben die 67-jährige Witwe Flora Bauer, ihr 44-jähriger Sohn Stefan Bauer und deren Köchin. Der Familie Bauer gehört vor der Arisierung das Textilgeschäft des Vaters Julius Bauer.
In der Pogromnacht verschaffen sich SA-Männer Zugang zum Haus und klingeln die Familie aus dem Schlaf. Als Stefan Bauer die Tür öffnet und die Frage bejaht, ob er ein Jude sei, wird er sogleich mit Angriffen konfrontiert und in die Wohnung gedrängt. Dort schlagen die SA-Männer weiter auf ihn ein, treffen ihn mit einem Metallgegenstand am Kopf und stürzen ihn zuerst auf das Bett, von wo aus Stefan Bauer auf dem Boden zu liegen kommt. Die SA-Männer zertrümmern auch Einrichtungsgegenstände, und erst nachdem sie das Bett Bauers umdrehen und zerstören, worunter Stefan Bauer zu liegen kommt und sich entweder totstellt oder bewusstlos ist, lassen die SA-Männer von ihm ab. Die Witwe Flora Bauer wird in ihrem Schlafzimmer aufgesucht. Dort wird sie nicht nur beleidigt, sondern auch am Kopf mit einem geworfenen gefüllten Wasserglas getroffen, welches zerbricht und Verletzungen verursacht.
Nachdem die SA-Männer die Wohnung verlassen befreit sich Stefan Bauer und kümmert sich um seine verletzte Mutter. Jemand, wahrscheinlich die Köchin der Familie, legt einen Verband um Stefan Bauers Kopfverletzung an. Dieser versucht seinen Bruder Wilhelm Bauer in der Gänsbacherstraße 5 zu erreichen, was jedoch nicht gelingt, da es dort ebenfalls zu einem Angriff kam, der für Wilhelm Bauer tödlich endet.
Einen Monat nach der Nacht des Novemberpogroms müssen die Bauers nach Wien zwangsübersiedeln. Von dort aus gelingt Stefan Bauer am 06. März 1939 die Flucht nach #Neuseeland, wo er seinen Nachnamen auf Bower ändert und bis zu seinem Tod 1976 bleibt. Flora Bauer wird im August 1942 zuerst ins KZ Theresienstadt und Wochen später in das Vernichtungslager Maly Trostinec deportiert, wo sie später ermordet wird.“
Bild des Hauses an der Dresse Anichstraße 5.

Anichstraße 5

„In der Anichstraße 5 lebt die Familie Adler, die aus dem 53-jährigen Josef Adler, der 47-jährigen Gertrude Adler und dem Vater Josefs Isidor Adler besteht – der 18-jährige Sohn Felix Adler ist schon nach Palästina (heute Israel) geflüchtet.
In der Nacht des Novemberpogroms verschaffen sich SA-Männer um etwa halb drei in der Nacht Zugang zum Haus, in dem die Familie Adler lebt und brechen dort die eigentlich schwer versperrte Wohnungstür mit Gewalt auf. Acht bis Zehn SA-Männern betreten daraufhin die Wohnung. Gertrude Adler wird als erste von den SA-Männern angriffen, woraufhin sie in das Schlafzimmer flüchtet, in dem sich ihr Mann Josef aufhält. Dort werden nun beide von den SA-Männern brutal angegriffen. Beide wehren sich kaum, Gertrude Adler schreit nur, dass ihr Mann krank sei – dieser leidet schon seit einem Jahr an einem Gehirntumor. Ein SA-Mann hält ihr den Mund zu und versetzt ihr mehrere Faustschläge ins Gesicht. Josef Adler versucht immer wieder sich aus dem Bett zu erheben, wird jedoch jedes Mal wieder geschlagen, fällt schließlich von diesem und bleibt gelähmt auf dem Boden liegen. Als sein Vater Isidor aus dem Nebenzimmer in den Gang kommt, schlägt ihn ein SA-Mann direkt ins Gesicht und damit zu Boden, wo er benommen liegen bleibt. Obwohl sowohl Josef als auch Isidor Adler auf dem Boden liegen, schlagen SA-Männer weiter ins Gesicht von Josef ein, wobei er einen Schneidezahn verliert. Der Angriff dauert in etwa nur 10 Minuten.
Nach dem Angriff weist Gertrude Adler Verletzungen im Gesicht und auf ihrem Handrücken auf. Josef Adler liegt neben dem Ehebett weiterhin auf dem Boden und ist aufgrund der Angriffe halbseitig gelähmt. Das Hausmeister:innen-Ehepaar Florian und Ina Nenning betritt nach den Angriffen die Wohnung der Adlers und kümmert sich um diese. Der halbseitig gelähmte Josef Adler wird auf das Bett gehoben und bittet zitternd darum, dass er nicht allein gelassen wird. Florian Nenning versucht den Überfall bei der nächsten Polizeiwache zu melden, jedoch wird er von dort wieder weggeschickt. Im Laufe der Nacht kommen drei Gestapo-Beamte in die Wohnung und wollen Josef als auch Isidor Adler in „Schutzhaft“ nehmen, tun dies aufgrund derer schlechten Verfassung jedoch nicht.
Am Morgen trifft ein Arzt ein, der Josef Adler sofort in die psychiatrische Abteilung der Klinik überstellen lässt, wohin Gertrude Adler aufgrund einer Gehirnerschütterung auch sollte, jedoch bleibt sie bei ihrem Schwiegervater in der Wohnung zurück, um den sie sich anschließend auch kümmert. Josef Adlers Zustand verbessert sich trotz eines zweimonatigen stationären Aufenthalts in der Nervenklinik nicht, weshalb er für eine Operation nach Wien überstellt wird. Dort wird ein tuberkulöses Hirngeschwulst festgestellt, an dem Josef Adler am 23. Jänner 1939 stirbt. Die Angriffe in der Pogromnacht haben seinen Tod indirekt herbeigeführt. Gertrude Adler kann 1939 nach London ausreisen, ihr Schwiegervater stirbt jedoch 1942 nach seiner Deportation von Wien ins KZ Theresienstadt. Gertrude Adler verbringt später einige Jahre in Israel, ehe sie 1950 nach Innsbruck zurückkehrt und bis zu ihrem Tod 1966 bleibt.“
Anichstraße 7.

Anichstraße 7

„In der Anichstraße 7 bewohnt die Familie Brüll mehrere Wohnungen. Im dritten Stock wohnen der 51-jährige Rudolf Brüll und seine 44-jährige Frau Julie Brüll zusammen mit der 13-jährigen Tochter Ilse Brüll – sie befindet sich zum Glück bei Verwandten in München. Im zweiten Stock wohnt Rudolfs 49-jähriger Bruder Josef mit seiner Frau Antonie und der 12-jährigen Tochter Inge in einer Wohnung – in einer anderen lebt die Schwester Lotte. Im ersten Stock leben die weiteren Brüder Felix und Franz, wobei ersterer schon im August nach Shanghai flüchtete.
Um etwa zwei Uhr früh in der Pogromnacht verschaffen sich mehrere SA-Männer Zugang in die Anichstraße 7 und begeben sich zuerst in den dritten Stock, um Rudolf und Julie Brüll aufzusuchen. Nachdem die SA-Männer sich als Gestapo-Beamte ausgeben und Rudolf ihnen gutgläubig aufsperrt beginnen die etwa fünf Männer auf Rudolf und Julie einzuschlagen, bis letztere bewusstlos am Boden liegen bleibt und Rudolf – wie später diagnostiziert wird – Rippen gebrochen werden. Selbst als beide schon am Boden liegen, schlagen die SA-Männer dennoch weiter auf sie ein. Der Angriff geht schnell vonstatten und wird kaum bemerkt.
Nachdem die SA-Männer abziehen, kümmert sich Rudolf Brüll um seine am Boden liegen Frau Julie und bringt diese ins Schlafzimmer. Danach verschließt er die Wohnung nochmals in dreifacher Weise und informiert seinen unter sich wohnenden Bruder Josef via Telefon über den Überfall. Beide legen sich daraufhin wieder schlafen, werden jedoch nur eine halbe Stunde von erneuten Klopfen an ihrer Tür geweckt, woraufhin sie die Türen in der Wohnung absperren. Ein zweiter Trupp an Männern dringt in die Wohnung ein und verwüstet diese. Rudolf Brüll versteckt sich auf Raten seiner Frau Julie auf dem Balkon und klettert von diesem aus auf das Dach des Gebäudes, von wo aus er weitere Trupps sieht und feststellen muss, dass der Überfall auf sie kein einzelnes Ereignis war. Die acht mittlerweile im Schlafzimmer stehenden Männer verlangen von Julie ihren Mann zu verraten, was diese nicht tut.
Nach langer Suche verlassen die Männer die Wohnung im dritten Stock und suchen die Familie von Josef Brüll im zweiten Stock auf, den sie nach dem Einbruch sogleich mit Faustschlägen zu Boden schlagen, auf dem er mit Tritten weiter attackiert wird. Ob die gemeinsame Schwester Lotte, die ebenfalls im zweiten Stock wohnt, angegriffen wird, ist nicht bekannt, jedoch wird der im 1. Stock wohnenden Bruder Franz verhaftet. Ebenso in „Schutzhaft“ genommen werden später im Verlauf des Abends auch Rudolf Brüll, nachdem dieser aus seinem Versteck auf dem Dach zurück in die Wohnung kehrt, und Josef Brüll. Während der Haft wird keiner der drei verarztet.
Franz Brüll kommt am 19. November wieder frei, Rudolf am 21. und Josef am 24. Die Geschwister Franz und Lotte Brüll müssen am 27. November 1938 nach Wien zwangsumsiedeln. Von dort gelingt Lotte die Einreise nach Palästina (heute Israel), während Franz 1939 den Weg nach Shanghai wählt.
Das Ehepaar Josef und Antonie Brüll übersiedelt Ende November nach Wien, wo Josef zum katholischen Glauben konvertiert. Aufgrund seines sich immer weiter verschlechternden Gesundheitszustandes stirbt er dort jedoch schon 1941. Josef und Antonie haben zuvor die Tochter Inge und ihre Cousine Ilse in die Niederlande geschickt, um sie von dort aus später in die USA zu schicken, was jedoch nicht gelingt. Ilse Brüll wird 17-jährig 1942 in das Lager Westerbork deportiert, von wo sie aus nach Auschwitz kommt und dort ermordet wird. Inge Brüll entkommt den Schicksal ihrer Cousine nur dadurch, da sie als „Halbjüdin“ geführt wird.
Ilses Eltern Rudolf und Julie Brüll werden 1943 bei einem Fluchtversuch in Ungarn verhaftet und in das KZ Theresienstadt deportiert, das sie jedoch glücklicherweise überleben.
Von der Familie Brüll überleben Rudolf, Julie, Franz, Felix, Lotte, Inge und Elise, die auch alle später wieder nach Innsbruck zurückkehren. Rudolf Brüll baut bis zu seinem Tod 1957 die Israelitische Kultusgemeinde auf und bleibt bis zu diesem Zeitpunkt auch deren Präsident. Julie Brüll stirbt im Jahr 1971, Lotte Brüll im Jahr 1978 – zu diesem Zeitpunkt schließt auch das Möbelgeschäft, welches Rudolf Brüll 1949 wiederaufbaute, nur dieses Mal mit dem eindeutigen Vermerk, dass dies freiwillig geschieht.“
Anichstraße 13

Anichstraße 13

„In der Anichstraße 13 wohnt die Familie Berger. Der 53-jährige Richard Berger ist Oberbaurat bei der Bundesbahn und seit Juni 1938 Vorstand der Kultusgemeinde in Innsbruck. Die 49-jährige Margarete Berger war bis zur Arisierung Inhaberin eines Kindersalons und eines Kinderausstattungsgeschäfts in der Anichstraße. Die beiden Söhne Fritz und Walter haben Innsbruck schon verlassen. Ersterer wanderte im August 1938 nach London aus, letzterer flüchtete im September 1938 nach Palästina (heute Israel). Auch Richard Berger beabsichtigte nach Palästina auszureisen, wird jedoch von der Gestapo ersucht dies zu verschieben, da er als Vertreter der Kultusgemeinde in Innsbruck benötigt werde – dass die SS plant, ihn aufgrund des Attentats auf den deutschen Botschafter in Paris zu ermorden, ahnt Richard nicht.
SS-Männer treffen um etwa halb drei in der Nacht bei der Wohnung der Familie Berger ein und klingeln das Ehepaar aus dem Schlaf. Als sich die SS-Männer als Gestapo-Beamte ausgeben, mit der Richard Berger in letzter Zeit oft zu tun hatte, wirft ihnen dieser einen Schlüssel herunter, damit diese ins Haus kommen können. In der Wohnung wird Richard Berger als verhaftet erklärt, was dieser kurz bezweifelt – ein Rückruf bei der Gestapo wird ihm nicht gestattet –, jedoch nach der nochmaligen Aufforderung zu gehen hinnimmt und widerstandslos in das vor dem Gebäude parkende Auto einsteigt.
Von dort aus fahren die SS-Männer mit Richard Berger Richtung Universitätsbrücke, wo anschließend der Befehl gegeben wird, Richtung Höttinger Au und Kranebitten weiterzufahren. Dies ist der Moment, ab dem Richard Berger erneut Verdacht schöpft, kurz beruhigt werden kann, jedoch spätestens ab der Kranebitter Allee sich gegen die Weiterfahrt sträubt und nur mit Gewalt festgehalten werden kann. Ab diesem Zeitpunkt fährt das Auto mit hoher Geschwindigkeit weiter.
Drei Kilometer westlich von Kranebitten und am Inn angekommen wird Richard Berger aus dem Auto gezerrt und unter Schlägen in ein Gebüsch abseits der Straße geschleppt. Die SS-Männer bringen Richard Berger dort zu Fall und knien sich auf ihn. Da sie die Anordnung bekamen, keine Schusswaffen zu verwenden, schlagen sie mit einem Stein auf den Kopf von Richard Berger ein, der noch mit letzter Kraft um sein Leben flieht, ehe er tot ist. Die Täter werfen die Leiche von Richard Berger daraufhin in den Inn und einer gibt auf den davon treibenden Leichnam noch zwei Schüsse ab, da dieser vermeintlich noch am Leben sei und schwimme.
Während dies passiert, erscheinen tatsächliche Gestapo-Beamte bei der Wohnung der Bergers und wollen Richard in „Schutzhaft“ nehmen. Diese sind darüber überrascht, dass er angeblich schon abgeholt wurde und durchsuchen die Wohnung. Margarete Berger meint zu diesem Zeitpunkt und am nächsten Tag immer noch, dass ihr Mann verhaftet worden sei, und versucht seinen Aufenthaltsort bei den verschiedenen Stellen zu erfragen.
Die Leiche Richard Bergers wird am 10. November von einem Spaziergänger am Innufer gefunden. Eine tatsächliche Untersuchung des Leichenfundortes und eine Obduktion derselbigen wird verhindert.
Margarete Berger erfährt am 11. November von der Ermordung Richards. Als sie im Dezember Mordanzeige erstatten möchte, wird diese von der Polizei nicht angenommen. Der Leichnam Richard Bergers wird nach München zur Einäscherung überführt, Margarete bleiben nur die durchnässten Sachen ihres Ehemannes.
Margarete Berger bleibt bis zu Neujahr in Innsbruck, jedoch übersiedelt sie wahrscheinlich zu jenem Zeitpunkt nach Wien, als auch ihr Schwager Josef Adler dorthin für eine Operation überstellt wird. Nach dessen Tod flüchtet sie Anfang 1939 zuerst nach London und dann nach Palästina (heute Israel) zu ihrem Sohn Walter. Die Asche Richard Bergers wird 1939 in Benjamina beigesetzt. 1946 kehrt Fritz Berger, inzwischen als Frederick Richard Benson ein Leutnant in der britischen Armee, nach Innsbruck zurück, um die Ermordung seines Vaters aufzuklären und eruiert innerhalb von zwei Wochen die Nahmen der Schuldigen. Die Kinder Bergers und Margarete erzählen Zeit ihres restlichen Lebens wenig über das frühere Leben in Innsbruck.“
Beethovenstraße 5.

Beethovenstraße 5

„In der Beethovenstraße 5 lebt die Familie Popper, die aus dem 70-jährigen Julius Popper und seiner 63-jährigen Frau Laura Popper besteht – die zwei Söhne Siegfried und Robert Popper haben Innsbruck glücklicherweise schon vor einigen Wochen verlassen.
Um ungefähr halb drei in der Früh werden Julius und Laura Popper aus dem Schlaf geläutet. Noch bevor sie zur Tür kommen, wird diese von SA-Männern aufgebrochen. Diese führen Julius und Laura Popper in einem Auto ab. Laura Popper meint, dass sie zur Gestapo gebracht werden, was jedoch nicht der Fall ist. Die SA-Männern fahren mit den Poppers am linken Sillufer entlang, bis sie zur Einmündung in den Inn kommen. Dort werden Julius und Laura Popper trotz Gegenwehr von den SA-Männern über die Boschung in die Sill geworfen. Die herzkranke Laura Popper kann ein paar Zweige am Ufer ergreifen und ihren ohne Brille quasi blinden Ehemann Julius festhalten, sodass sie beide mit vereinten Kräften der Sill-Strömung entkommen können. So schaffen sie es sich an das Ufer zu ziehen, wo sie noch von den SA-Männern beobachtet und höhnisch verachtet werden. Erst nach einigen Minuten fahren die SA-Männer davon, sodass das Ehepaar sich unter großen Kraftanstrengungen die Böschung hinauf auf die Straße winden kann. In durchnässten Kleidern gehen sie solange die Straße entlang, bis Julius Popper nicht mehr kann und zusammenbricht. Von dort aus suchen sie Schutz in einer nahegelegenen Textilfabrik, werden zuerst vom Nachtportiert aufgenommen, doch der kontaktierte Fabrikbesitzer ruft trotz Flehens von Laura Popper die Polizei, die Julius Popper in „Schutzhaft“ nimmt.
Laura Popper geht daraufhin allein zurück zu ihrer Wohnung und geht danach von Tatort zu Tatort in Saggen: Zuerst sucht sie Zuflucht in der Gänsbacherstraße 4, wo sie vom Mordversuch an Karl Bauer und den Morden an Wilhelm Bauer und Richard Graubart in der Gänsbacherstraße 5 erfährt. Nachdem sie bei der Familie Krieser in der Bienerstraße 27 war und ihrem Mann trockene Kleider bringen konnte, will sie zuerst bei der Familie Kappelsberger in der Templstraße 8 unterkommen, als sie jedoch erfährt, dass auch dort ein Überfall stattfand, geht sie zurück in die eigene Wohnung. Die nächsten Tage verbringt Laura Popper zuerst im Versicherungsbüro ihres Mannes, in der eigenen Wohnung und anschließend bei Bekannten. Zuerst bei Ida Schwarz in der Maria-Theresien-Straße 33, danach bei Alice Smetana in der Goethestraße 15 – beide Adressen wurden ebenso in der Pogromnacht überfallen – und danach bei der Familie Krieser.
Julius wird nach einer Woche aus der Haft entlassen und beide übersiedeln nur wenig später nach Wien, wo sie nach einem halben Jahr die Flucht nach London antreten. Dort sterben beide noch vor Kriegsende 1943 und 1944.“
Bienerstraße 27

Bienerstraße 27

„In der Bienerstraße 27 leben der 59-jährige Julius Krieser, seine Frau Fanny Krieser und die 24-jährige Tochter Käthe – die Zwillingsschwester Erna ist nicht mehr in Innsbruck, sondern in Florenz. Noch vor der Pogromnacht wird die Familie im September 1938 von der Gestapo zur schleunigsten Auswanderung aufgefordert.
Um fünf Uhr Früh erscheint die verzweifelte Laura Popper vor der Wohnung der Familie Krieser, die sich gegenüber der Gestapo-Zentrale befindet. Laura Popper wurde gemeinsam mit ihrem Mann Julius Popper von SA-Männer aus ihrer Wohnung in der Beethovenstraße 5 gebracht, anschließend in die Sill geworfen und Julius später von der Gestapo in „Schutzhaft“ genommen. Dasselbe gilt für Julius Krieser, der auch in Haft genommen wurde. Vor der Wohnung versammeln sich nach einem Schrei von Fanny Krieser Schaulustige, was zwei Gestapo-Beamte veranlasst, in die Wohnung zu gehen und Fanny als auch Käthe vorübergehend festzunehmen.
Die Familie kommt im Anschluss später frei und kümmert sich noch eine Nacht um Laura Popper. Fanny Krieser steht im postalischen Austausch mit ihrer Tochter Erna in Florenz, die sie über die anstehende Zwangsübersiedelung nach Wien unterrichtet und auch weitere Pläne der Flucht offenbart. So solle Käthe nach Palästina (heute Israel) gehen. Leider kommt es nicht dazu. Nachdem Julius, Fanny und Käthe Krieser im Dezember 1938 nach Wien zwangsübersiedeln, heiratet Käthe dort 1941 Otto Grünhut, mit dem sie zusammen im selben Jahr in das Ghetto Litzmannstadt/Lodz deportiert wird. Fanny und Julius Krieser werden 1942 nach Auschwitz deportiert. Einzig Erna Krieser wird nicht ermordet und überlebt die NS-Zeit.“
Defreggerstraße 12

Defreggerstraße 12

„In der Defreggerstraße 12 wird in der Pogromnacht der 70-jährige Max Turteltaub, der dort mit seiner Frau Amalie lebt, von einer Gruppe an NSKK-Männern brutal überfallen und an den Füßen über die Stiege gezogen, sodass sein Kopf immer wieder an den Stufen aufschlägt. Diese Tat sehen dabei seine Enkelkinder, der 10-jährige Erich Weinreb und dessen Halbgeschwister Margit und Leopold Scharf, mit an.
Nach diesem Angriff werden Erichs Großvater, Max Turteltaub, sein Onkel Friedrich und sein Cousin Aldo in „Schutzhaft“ genommen. Ebenso wird Karl Schurmann in Haft genommen, der mit seiner Frau Bertha seit Anfang November bei der Familie Turteltaub gemeldet ist, als auch Erichs Großonkel Julius Schrager, der mit seiner Frau Sali und den Söhnen David und Paul im selben Haus wohnt.
Sukzessive werden die Familienmitglieder nach und nach aus der Haft entlassen. Im Anschluss verlassen kurz vor Weihnachten 1938 Max Turteltaub, seine Ehefrau Amalie, sein Sohn Friedrich, seine Enkeln und der Vater von Leopold und Margit, Salomon Scharf, Innsbruck nach Richtung Wien. Dort kümmert sich Max Turteltaub darum, dass seine Enkel Max und Leopold Wien in Richtung Palästina (heute Israel) verlassen können. Margit verpasst leider aufgrund einer Krankheit eine Möglichkeit auszureisen und wird 1942 mit ihren Großeltern von Wien ins Ghetto von Riga deportiert, wo sie umgebracht werden. Salomon Scharf wird später in Frankreich festgenommen, anschließend nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Von der Familie Schrager überlebt nur der älteste Sohn Paul, der im März 1939 mit einer zionistischen Gruppe nach Palästina (heute Israel) gelangt.
Leopold Scharf und Erich Weinreb bauen sich in Sicherheit eine eigene Existenz auf, werden israelische Staatsbürger und nehmen die Namen Arie und Abraham Gafni an. Letzterer besucht ab 1963 Innsbruck regelmäßig und pflegt wieder engen Kontakt zu seiner alten Heimat.“
Erzherzog-Eugen-Straße 24.

Erzherzog-Eugen-Straße 24

„In der Erzherzog-Eugen-Straße 24 wohnt die 59-jährige Witwe Helene Link, die zuvor mit dem 1932 verstorbenen Landesrabbiner für Tirol und Vorarlberg Dr. Josef Link verheiratet war, mit ihrer Haushälterin Viktoria Kuen. Ihr 32-jähriger Sohn Dr. Ernst Link hat Innsbruck schon nach der Zwangsschließung und -übergabe seiner Rechtanwaltskanzlei Richtung Palästina (heute Israel) verlassen. Die 30-jährige Tochter und Ärztin Irene Link lebt in Wien – ihr Mann wird dort am Tag des Novemberpogroms verhaftet.
In der Nacht des Novemberpogroms verschafft sich ein Trupp an (wahrscheinlich) SA-Männern Zugang zur Erzherzog-Eugen-Straße 24 und reißt Helene Link und die Haushälterin Viktoria Kuen aus dem Schlaf. Sie verlangen Eintritt, und nachdem sie keinen erhalten, treten sie die Tür ein. Etwa fünf junge Männer betreten die Wohnung und verlangen nach Ernst Link, der glücklicherweise schon nicht mehr in Innsbruck ist. Die fünf Männer verwüsten daraufhin die Wohnung und beschädigen auch die Gebetsbücher Helene Links. Gewalt wenden sie keine gegen die zwei Frauen an, wahrscheinlich weil ihnen Helene Link als „alte Höttingerin“ bekannt ist.
Helene Link wird nur wenige Wochen nach dem Novemberpogrom, am 24. November 1938, nach Wien zwangsübersiedelt – ihre Haushälterin Viktoria Kuen hätte sie gerne nachkommen lassen, doch sie muss sie leider entlassen. Helene Link erhält in Wien jedoch trotz Schwierigkeiten eine Ausreisebewilligung und ist noch vor Weihnachten bei ihrem Sohn Ernst in Palästina (heute Israel). 1942 reist sie in die USA aus, wo sie zu ihrer Tochter Irene geht, bei der sie aus gesundheitlichen Gründen bleibt. Dort stirbt sie auch 1962 als „stolze Israelin“.“
Falkstraße 18

Falkstraße 18

„In der Falkstraße 18 lebt die Familie Schwarz, die aus dem 50-jährigen Richard Schwarz – ehemaliger Miteigentümer des arisiertes Warenhauses Bauer & Schwarz (heute Kaufhaus Tyrol) –, der 42-jährigen Ehefrau Magda Schwarz und ihrem 18-jährigen Sohn Viktor besteht. Ebenso ist auch Magdas Vater Wilhelm Adler in der Wohnung zugegen. Die Tochter Erika ist in Paris bei einer jüdischen Familie als Au-pair-Mädchen angestellt.
Noch bevor NSKK-Männer bei der Familie Schwarz in der Falkstraße 18 eintreffen, versucht Magdas Schwester Ilse Adler diese von der Maria-Theresien-Straße 33 aus zu erreichen und sie vorzuwarnen, da sie schon überfallen wurden und sie den Standort ihres Vaters an die NS-Männer verriet – ob sie sie erreicht, ist nicht eindeutig belegt.
Die Familie ist auf jeden Fall schon durch Schreie aus der Nachbarschaft alarmiert, und noch bevor die NSKK-Männer in die Wohnung eindringen, gehen Vater, Frau, Sohn und Schwiegervater zusammen auf den Balkon, von wo sie aus nach Hilfe rufen, jedoch keine erhalten. Auch ein späterer Anruf bei der Polizei bringt keine Hilfe.
Mittlerweile dringen die NSKK-Männer in die Parterrewohnung des italienischen Konsuls Guido Romano ein, den sie zuerst mit Richard Schwarz verwechseln und angreifen. Nachdem sie ihren Irrtum erkennen, gehen sie weiter zur Wohnung der Familie Schwarz, wo Wilhelm Adler vom Balkon aus auf den Balkon Romanos klettert. Richard Schwarz wird von den NSKK-Männern brutal angegriffen und misshandelt, Magda und Viktor Schwarz bleiben unverletzt, obwohl sich Magda mutig den Männern entgegenstellt und versucht, ihren Mann zu verteidigen.
Nachdem die NSKK-Männer Richard Schwarz das Nasenbein gebrochen haben und ihn mit Schlägen und Tritten malträtierten, lassen sie von ihm ab, da sie Sorge ob eines möglichen Reports des italienischen Konsuls haben – ein Umstand, wovon Richard Schwarz überzeugt ist, dass dies ihm das Leben rettet.
Richard und Viktor Schwarz werden noch in der Pogromnacht in „Schutzhaft“ genommen und erst nach dem Einlangen der englischen Visen am 17. November 1938 aus dieser entlassen. Wilhelm Adler verlässt Innsbruck 1938 nach Wien oder Budapest, kann jedoch nach dem Kriegsausbruch nicht mehr fliehen und wird 1941 nach Riga deportiert und dort ermordet. Richard, Magda und Viktor Schwarz schaffen es am 23. November über Paris, wo sie bei ihrer Tochter Erika unterkommen, nach Manchester zu kommen, wo sie sich eine neue Existenz aufbauen. Nach dem Krieg versuchen sie eine Rückstellung des Warenhauses Bauer & Schwarz zu erwirken, was jedoch scheitert – ihnen wird nur ein geringer Geldbetrag zugestanden.“
Franz-Fischer-Straße 17

Franz-Fischer-Straße 17

„In der Franz-Fischer-Straße 17 wohnt die Familien Löwensohn, bestehend aus dem 62-jährigen Vater Ludwig, seiner 55-jährigen Frau Paula und der 31-jährigen Tochter Ilse. Die Söhne Walter und Paul sind wahrscheinlich schon nach Palästina (heute Israel) ausgewandert. Ludwig Löwensohn gehörte bis zur Arisierung das Schuhhaus zum Goldenen Dachl. Ebenso in der Franz-Fischer-Straße 17 wohnt die Familie Schulhof, bestehend aus dem 32-jährigen Alois Schulhof, der gleichaltrigen Frau Paula und dem 9-jährigen Sohn Walter, wobei nicht klar ist, ob diese in der Pogromnacht in der Wohnung ist. Alois Schulhof gehörte bis zur Arisierung das Modenhaus Schulhof, in dem Ilse Löwenhaus arbeitet.
In der Pogromnacht treten NSKK-Männer in das Haus der Franz-Fischer-Straße 17 ein und suchen die Familien Löwensohn und Schulhof heim. Ludwig Löwensohn wird aus der Wohnung gezerrt und schwer misshandelt, bis er auf den Boden stürzt und mit Schuhen getreten wird. Ebenso greifen sie Paula Löwensohn an, Paula Schulhof wird nicht angegriffen und stellt sich schützend vor ihren nierenleidenden Ehemann Alois Schulhof, was wahrscheinlich der Grund ist, weshalb die NSKK-Männer diesen nicht angreifen.
Die Familien Löwensohn muss Ende 1938 oder 1939 nach Wien zwangsübersiedeln, von wo aus Ludwig und Paula nach Palästina (heute Israel) auswandern, wo sie die Kriegsjahre überleben und anschließend nach Wien zurückkehren. Ilse gelangt 1939 nach England, wo sie sich Ende 1944 der britischen Armee anschließt, daraufhin nach Palästina (heute Israel) kommt und ihren Dienst dort quittiert. Sie lässt sich wie auch ihre Brüder Walter und Paul dort nieder.
Alois, Paula und Walter Schulhof müssen Innsbruck am 1. Dezember 1938 zwangsweise verlassen und flüchten im April 1939 nach Palästina (heute Israel). Dort stirbt Paula leider früh in Haifa, woraufhin Alois erneut heiratet und mit seiner zweiten Frau Lilly nach dem Krieg nach Innsbruck zurückkehrt. Auch Walter kehrt nach dem Krieg zweitweise nach Innsbruck zurück, wandert jedoch 1952 nach England aus.“
Franz-Fischer-Straße 20

Franz-Fischer-Straße 20

„In der Franz-Fischer-Straße 20 lebt die Familie Schulhof, die aus dem 62-jährigen Josef Schulhof – seinerseits Mitglied des Kultusrates und ehemaliger Seniorchef des arisierten Modehauses Schulhof –, seiner 67-jährigen Frau Anna Schulhof (geschiedene Skopall) und der 51-jährigen Pepi Schulhof besteht. Die anderen sechs Kinder Annas sind schon alle ausgezogen.
Nachdem die NSKK-Männer die Familien Schenkel und Rado in der Franz-Fischer-Straße 22 heimgesucht haben, nehmen diese nun die Familie Schulhof in der Franz-Fischer-Straße 20 ins Visier. Dort verschaffen sie sich Zugang in die Wohnung, in der Pepi Schulhof nach dem Öffnen der Tür in der Toilette eingesperrt wird. Die NSKK-Männer drängen in das Schlafzimmer von Josef und Anna, wo sie letztere nur in Ruhe lassen, nachdem diese erklärt, dass sie krank ist. Josef Schulhof wird von einem Täter ins Gesicht geschlagen und die NSKK-Männer zerstören diverse Gegenstände der Wohnungseinrichtung.
Nur wenige Tage nach der Pogromnacht übersiedelt Pepi Schulhof nach Wien, von wo aus sie 1942 in das Vernichtungslager Maly Trostinec deportiert und dort ermordet wird. Josef und Anna Schulhof müssen Innsbruck am 23. Dezember 1938 verlassen, wonach Josef 1942 stirbt. Anna wird in das KZ Theresienstadt deportiert, kann dieses jedoch überleben und kehrt 1945 nach dem Krieg nach Innsbruck zurück, wo sie bis zu ihrem Tod 1952 in der Templstraße 5 bei ihrer zweitgeborenen Tochter Klara lebt, die die NS-Zeit in so genannter „Mischehe“ ohne Verfolgung überstand.“
Franz-Fischer-Straße 22

Franz-Fischer-Straße 22

„In der Franz-Fischer-Straße 22 lebt die Familie Schenkel, die aus dem 50-jährigen Josef Schenkel – der bis zur Arisierung Gesellschafter des Modehauses Schulhof war –, der 41-jährigen Marianne Schenkel und ihren zwei Kindern Eva (13 Jahre) und Hans-Bernhard (14 Jahre) besteht. Ebenfalls dort wohnhaft ist die Familie Rado, die aus dem 59-jährigen Louis Rado, dessen zweite 45-jährige Frau Anni und der 15-jährigen Tochter Elfi besteht. Louis Rados Kinder aus erster Ehe, die zwei Zwillingspaare Grete und Helene bzw. Hedwig und Paul, wohnen nicht mehr in Innsbruck.
In der Pogromnacht suchen NSKK-Männer die Franz-Fischer-Straße 22 auf und verschaffen sich dort Zugang zum Haus. Nachdem Josef Schenkel die Tür zur Wohnung öffnet, stürmen die NSKK-Männer sogleich dort hinein, beschädigen diverse Möbel und schlagen auf Josef Schenkel und Louis Rado ein. Marianne und Anni werden in ein Zimmer eingesperrt, ihre Kinder befinden sich bei ihnen oder eingesperrt in einer Toilette. Josef Schenkel und Louis Rado werden von den NSKK-Männern mit Knüppel, Stöcken und Stühlen angegriffen und in das Badezimmer gedrängt, wo erst von ihnen abgelassen wird, als sie in der Badewanne zu liegen kommen.
Die Familie Rado flüchtet nach der Pogromnacht überstürzt aus Innsbruck und reisen schon am 10. November Richtung Wien ab. Von dort aus flüchten sie am 13. Februar 1939 nach England. Dort überlebt die gesamte Familie – auch Louis Rados ältere Kinder aus erster Ehe.
Familie Schenkel muss am 24. November nach Wien übersiedeln, von wo aus Josef und Marianne Schenkel 1939 zuerst nach Mauritius und anschließend nach Palästina (heute Israel) fliehen. Den Kindern Eva und Hans-Bernhard gelingt schon im Dezember 1938 die Flucht nach England, wo Eva heiratet und bleibt. Hans-Bernhard kehrt 1948 nach Innsbruck zurück, nachdem seine Eltern im selben Jahr schon zurückgekehrt waren.“
Gänsbacherstraße 4

Gänsbacherstraße 4

„In der Gänsbacherstraße 4 lebt die Familie Bauer, die aus dem 58-jährigen Karl Bauer und seiner Frau Alice Bauer besteht. Die gemeinsamen Kinder, Gerda (19) und Louis (18), haben Innsbruck schon verlassen. Gerda ist nach dem „Anschluss“ schon im März 1938 nach Italien geflüchtet, während Louis erst im September 1939 auf dem Weg in die USA ist.
In der Pogromnacht kommt ein Trupp aus SS-Männern bei der Gänsbacherstraße 4 an und klingelt die Bauers aus dem Schlaf. Nachdem sie sich als Polizisten ausgeben, wird ihnen die Tür von Alice Bauer geöffnet, woraufhin diese in die Wohnung treten. Dort gehen sie sogleich ins Schlafzimmer und finden dort Karl Bauer vor, der noch im Bett liegt. Nachdem dieser erschrocken aufsteht beginnen die SS-Männer sodann auf Karl Bauer einzuschlagen. Neben Faustschlägen und Tritten wird Karl jedoch auch mit einem Messer mindestens fünf Mal in die Stirn und den Unterkiefer gestochen. Er wird darüber hinaus mit einem schweren Eisengegenstand, wahrscheinlich eine Kohlenschaufel oder ein Stemmeisen, auf den Kopf geschlagen, sodass er das Bewusstsein verliert. Die SS-Männer hatten zuvor am Abend den klaren Auftrag bekommen, Karl Bauer zu töten, der bis zur Arisierung ein Mitinhaber des Warenhauses Bauer & Schwarz (heute Kaufhaus Tyrol) war. Die SS-Männer verlassen nach dem brutalen Angriff die Wohnung der Bauers und lassen Karl Bauer mit lebensgefährlichen Verletzungen und bewusstlos auf dem Bett liegen. Erst als alle Angreifer das Haus verlassen haben, kann sich Alice Bauer notdürftig um ihren Mann kümmern, dem sie auch keine Hilfe zukommen lassen kann, da weiterhin Angreifer in den Straßen sind – gleichzeitig werden Richard Graubart und Wilhelm Bauer in der Gänsbacherstraße 5 ermordet – und die Angreifer zuvor die Telefonleitung zerstörten. Dennoch schafft es Alice Bauer die schweren Wunden notdürftig zu versorgen. Eine Stunde nach diesem Angriff kommen erneut SA-Männer in die Wohnung, ziehen jedoch ab, nachdem sie die vielen blutgetränkten Tücher und den lebensgefährlich verletzten Karl Bauer sehen.
Gegen vier Uhr in der Früh kommen Gestapo-Beamte in die Gänsbacherstraße 4 und wollen Karl Bauer eigentlich in „Schutzhaft“ nehmen, was sie aufgrund seines Zustandes jedoch nicht können. Es wird ihm ein Rettungswagen gerufen, der ihn ins städtische Sanatorium bringt, wo er um sechs Uhr aufgenommen und vernünftig versorgt wird. Aufgrund der Schwere seiner Verletzungen muss Karl Bauer mehr als zwei Monate im Sanatorium bleiben, überlebt die Verletzungen jedoch.
Am 26. Februar 1939 verlässt Karl Bauer, dessen Gesundheitszustand dies nun erlaubt, Innsbruck mit dem Zug Richtung Wien, wohin ihm auch seine Frau folgt. Karl und Alice gelingt die Auswanderung in die USA, wo sie ihre Kinder Gerda und Louis in New York wiedersehen. Dort stirbt Karl Bauer 1966, der bis zu seinem Lebensende an den Folgen der Angriffe leidet und keiner Arbeit nachgehen kann.“
Gänsbacherstraße 5.

Gänsbacherstraße 5

„In der Gänsbacherstraße 5 wohnen die Familien Bauer und Graubart. Die Familie Bauer besteht dabei aus dem 45-jährigen Wilhelm Josef Bauer – bis zur Arisierung Eigentümer der Manufakturwarenhandlung Julius Bauer & Co. – und seiner 41-jährigen Ehefrau Edith Bauer. Ob die 16-jährige Tochter Eva auch in der Wohnung ist, ist nicht bekannt. Der gemeinsame Sohn Thomas hat Innsbruck vor Kurzem verlassen. Die Familie Graubart besteht aus dem 39-jährigen Richard Graubart – bis zur Arisierung Gesellschafter des Schuhhauses Graubart –, seiner 31-jährigen Frau Margarete und der viereinhalbjährigen Tochter Vera Evelyne.
Um etwa halb drei in der Nacht läuten SS-Männer, die die Ermordung von Wilhelm Bauer und Richard Graubart aufgetragen bekamen, am Gartentor der Gänsbacherstraße 5, wo ihnen vom eingeschüchterten Hausmeister die Tür geöffnet wird. Dieser wird in seine Wohnung im Tiefparterre geschickt, und danach sucht ein Teil der SS-Männer die Familie Bauer auf, die im Parterre wohnt, während der andere Teil die Familie Graubart im 1. Stock aufsucht.
In der Wohnung der Bauers wird Wilhelm zur Ankleidung aufgefordert, um ihn nichts ahnend aus der Wohnung zu locken, während Edith Bauer mit einer weiteren Frau – wahrscheinlich der Tochter Eva – im Schlafzimmer eingesperrt wird und von einem SS-Mann bewacht wird. Die SS-Männer führen Wilhelm Bauer aus der Wohnung, fallen jedoch spätestens im Stiegenhaus über ihn her. So wird er unter anderem mit geladenen Pistolen auf den Kopf geschlagen. Wilhelm Bauer kann sich aufgrund des Schocks nicht wehren und schreit auch nicht, jedoch kommen aus der Wohnung der Graubarts Schreie und auch aus der gegenüberliegenden Gänsbacherstraße 4, wo Karl Bauer fast ermordet wird. Die SS-Männer schlagen weiter auf Wilhelm Bauer ein, sodass dieser zusammenbricht und regungslos liegen bliebt. Nachdem die SS-Männer das Haus verlassen kehrt jedoch einer zuerst noch zurück und sticht mit einem SS-Dolch auf Wilhelm Bauer ein, der daraufhin einen fürchterlichen Schrei ausstößt. Die SS-Männer verlassen das Haus nun endgültig, und Wilhelm Bauer schleppt sich lebensgefährlich verletzt zurück in die Wohnung, nur um das Schlafzimmer versperrt vorzufinden. Er schreit der eingesperrten Edith Bauer zu, dass ihm eine „gestochen wurde“. Als Edith dies hört, versucht sie an ihrem Bewacher vorbei zu kommen, um die Tür zu öffnen, was dieser jedoch mit dem Ziehen seiner Waffe versucht zu verhindern. Dennoch sperrt Edith die Schlafzimmertür auf und sieht ihren blutüberströmten Mann zusammenbrechen. Sie geht sofort zum Telefon, um einen Arzt zu rufen, woraufhin der SS-Bewacher ihr erneut droht, doch Edith lässt sich nicht davon abbringen. Erst nachdem der SS-Mann das Telefonkabel ausreißt, verlässt er die Wohnung über ein Seitenfenster, da er die Wohnungstür nicht öffnen kann.
Während der Mordanschlag auf Wilhelm Bauer stattfindet, wird gleichzeitig die Familie Graubart vom anderen Teil der SS-Männer heimgesucht. Wie schon bei der Familie Bauer verschaffen sie sich unter der Lüge einer Hausdurchsuchung Zutritt, nur um erneut die Frauen von den Männern zu separieren. So wird Margarete Graubart mit ihrer Tochter Vera Evelyne in das Kinderzimmer gedrängt, wo sie ihrem Bewacher auf seine Frage hin bejaht, dass die Familie schon am Kofferpacken sei, um das Land zu verlassen. Die anderen SS-Männern fordern Richard Graubart auf, die Wohnung zu verlassen, und als dieser sich die Schuhe anzieht, erkennt er einen Bekannten unter den Angreifern, an den er appelliert, dass er ihm doch nichts angetan habe. Dies ist der Zeitpunkt, an dem Richard Graubart von hinten ein SS-Dolch in die Herzgegend gerammt wird, woraufhin dieser mit einem lauten Schreit tödlich getroffen zusammenbricht. Margarete und Vera Evelyn Graubart werden nach dem Schrei von ihrem Bewacher im Kinderzimmer eingesperrt. Im Anschluss darauf verlassen alle SS-Männer die Gänsbacherstraße 5 und fünf Minuten später befreit Edith Bauer Margarete und Vera Evelyn. Margarete findet ihren erstochenen Mann in einer Blutlache liegen und weiß, dass er verstorben ist. Sie legt ihm die Hände zurecht, bettet seinen Kopf auf einen Polster und schließt ihm die weit aufstehenden Augen.
Danach geht sie mit Edith Bauer in das Parterre, wo Wilhelm weiterhin Blut verliert, jedoch noch Lebenszeichen von sich gibt. Der Hausmeister soll zuerst Wilhelm verbinden, der ihm jedoch zu verstehen gibt, dass es keinen Zweck mehr habe. Danach wird er beauftragt Hilfe zu suchen, wobei ihn SS-Männer auf der Straße beim ersten Versuch zurück in die Wohnung schicken. Beim zweiten Versuch klettert er über den Gartenzaun, um unerkannt Hilfe zu holen, doch er findet keine. Erst als in der Wohnung der Graubarts mittels eines Telefons Hilfe gerufen werden kann, trifft diese in Form eines Krankenwagens eine Stunde später ein, obwohl die sich noch in der Gänsbacherstraße befindlichen Angreifer den Krankenwagen sogar noch davon abhalten wollen, zum Haus zu kommen. Dort finden sie den toten Richard Graubart vor sowie den schwerverletzten Wilhelm Bauer, der höchstwahrscheinlich innere Blutungen aufweist, weshalb er ohne große Untersuchung vor Ort direkt ins Krankenhaus gebracht wird. Edith Bauer begleitet ihr Mann beim Transport ins Krankenhaus, wo dieser ihr mitteilt, dass er einen der Angreifer erkannt habe. Während der Fahrt verstirbt Wilhelm Bauer an seinen Verletzungen.
Die Ermordungen werden vonseiten der Polizei nicht verfolgt und sogar als Selbstmorde der Juden abgetan. Selbst als der behandelnde Notarzt von Wilhelm Bauer gegen den Willen von Edith Bauer, da dies sie und ihre Tochter in Gefahr bringen könnte, bei der Gestapo (da er erkannt hat, dass es sich um eine koordinierte Aktion in der Nacht handelte) eine Anzeige erstattet, wird auch diese von den Beamten nicht weiterverfolgt. Erst nachdem nicht informierte Polizeibeamte pro forma zum Tatort geschickt werden und diesen untersuchen, stellen sie fest, dass es sich nicht um Selbstmorde gehandelt haben kann. Der Polizeidirektor gibt ihnen jedoch bei erneuter Nachfrage zu verstehen, dass sie den Fall als Ermordung mit unbekannten Täter zu behandeln haben. Edith Bauer und Margarete Graubart geben in den Befragungen durch die Beamten keine Informationen über die Täter preis, aus Sorge um sich und ihre Kinder. Die Polizeibeamten lassen den Abtransport der Leichen anordnen, die an der Gerichtsmedizin untersucht werden sollen, was jedoch aufgrund der Intervention des Polizeidirektors nicht geschieht. Die Leichen werden ohne Untersuchung nach München gebracht und dort zusammen mit der Leiche des in der Pogromnacht ermordeten Richard Berger eingeäschert.
Edith Bauer reist am 26. November 1938 mit ihrer Tochter Eva nach Wien aus, wohin ihnen auch ihr Sohn Thomas folgt. Von dort aus wandert die restliche Familie nach Kanada aus.
Margarete Graubart übersiedelt mit ihrer Tochter Vera Evelyn am 28. November 1938 nach Wien, von wo aus sie nach England gelangen und dort die Kriegsjahre verbringen. Das zuvor 1939 zu einem Spottpreis verkaufte Haus in der Gänsbacherstraße 5 erhält sie nach dem Krieg wieder zurück und kehrt 1953 nach Innsbruck zurück. Dort bleibt sie bis ins Jahr 1996, in dem sie die Villa schweren Herzens aufgrund gesundheitlicher Probleme verkauft. Sie geht wieder zurück nach England zu ihrer Tochter, wo sie bis zu ihrem Tod 2002 von Vera Evelyn gepflegt wird.“
Goethestraße 15

Goethestraße 15

„In der Goethestraße 15 lebt die Familie Smetana, die aus der 63-jährigen verwitweten Alice Smetana und ihren beiden Söhnen Paul und Hans besteht. Paul Smetana ist nach dem „Anschluss“ im März 1938 nach Bozen ausgereist, Hans lebt mit seiner Frau Alice und der 2-jährigen Tochter Judith eigentlich in der Erzherzog-Eugen-Straße 20. Dort mussten sie jedoch schon vor dem Novemberpogrom ausziehen, weshalb sie eigentlich bei Alice Smetana gemeldet sind. Es ist jedoch nicht bekannt, wo sich Hans, Alice und Judith in der Pogromnacht aufhielten.

Die Wohnung von Alice Smetana wird wahrscheinlich von NSKK-Männern angegriffen, jedoch ist nur die Beschädigung des Telefons überliefert – weitere Einzelheiten sind nicht bekannt.

Nach der Pogromnacht beherbergt Alice Smetana später Laura Popper für eine Nacht vom 13. auf den 14.11., die am 9.11. mit ihrem sich mittlerweile in Haft befindlichen Mann von SA-Männern in die Sill geworfen wurde. Kurz darauf flüchtet Alice wie auch ihr Sohn Hans mit Familie über die Schweiz nach Palästina (heute Israel), wo sie schon 1947 stirbt. Ihr Sohn Paul Smetana wandert nach Australien aus, während Hans mitsamt Alice und Judith 1951 nach Innsbruck zurückkehrt. Nach dem Tod ihrer Eltern kehrt Judith zurück nach Israel.“

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Haydnplatz 8

Haydnplatz 8

„Am Haydnplatz 8 wohnt die Familie Graubart, die aus dem 43-jährigen Alfred Graubart – bis zur Arisierung Gesellschafter der Schuhwarenhandlung S. Graubart und Bruder des in der Pogromnacht ermordeten Richard Graubart – und seiner nicht-jüdischen Frau Maria Graubart besteht. Ob der gemeinsame 7-jährige Sohn Erik Friedrich Graubart auch in der Wohnung ist, ist nicht bekannt. Darüber hinaus befindet sich auch die Schwester von Maria in der Wohnung, Lilly Beran, die aus Reutte zu Besuch in der Stadt ist.
Nach drei Uhr in der Nacht klingeln SA-Männern bei der Wohnung der Familie Graubart und geben sich als Gestapo-Beamte aus, woraufhin Maria Graubart durch das Stiegenhaus zur Haustür hinuntergeht und ihnen die Tür öffnet. Erst dann erkennt sie, dass sich etwa fünf Männer vor ihr befinden, die auch mit einer spitzen Waffe bewaffnet sind. Die SA-Männer fragen nach dem Verbleib von Alfred Graubart, stürmen jedoch noch bevor Maria eine Antwort geben kann das Stiegenhaus hinauf – sie eilt hinterher. In der Wohnung wird sie zusammen mit ihrer Schwester in das Kinderzimmer gedrängt und dort von einem SA-Mann eingesperrt, der sich vor der Tür aufstellt. Währenddessen wird Alfred Graubart von den anderen SA-Männern angegriffen, sie schlagen und treten auf ihn ein. Maria Graubart will ihrem Mann helfen, doch ihr Bewacher hindert sie mit einem Messer in der Hand daran, aus dem Kinderzimmer zu kommen. Erst nachdem die SA-Männer Alfred brutal malträtiert haben, lassen sie von ihm ab und verlassen die Wohnung.
Maria Graubart findet ihren Mann daraufhin bewusstlos liegend mit Verletzungen im Gesicht und einer stark blutenden Nase. Einen Arzt kann sie nicht rufen, da die SA-Männer das Telefonkabel zerschnitten haben, und als sie versucht, selbst ärztliche Hilfe vor Ort zu suchen, wird sie auf der Straße von einem Mann daran gehindert, der ihr droht, dass er sie erschießen wird. Da Alfred Jude ist, kann sie sich auch keine Hilfe von der Nachbarschaft erhoffen, weshalb sie ihren bewusstlosen Mann eigenhändig notversorgt. Erst gegen halb sieben Uhr in der Früh erlangt Alfred Graubart wieder das Bewusstsein, nur um etwa eine halbe Stunde später von der Ermordung seines Bruders in der Gänsbacherstraße 5 erfahren zu müssen.
Alfred Graubart leidet auch noch längere Zeit an Kopfschmerzen aufgrund der Angriffe. Er wird noch im November 1938 nach Wien zwangsumgesiedelt, kann von dort jedoch in die Schweiz flüchten und überlebt dort. Maria Graubart bleibt in Innsbruck, führt jedoch aus Sicherheitsgründen ab 1939 wieder ihren Mädchennahmen Herold. Ab 1945 führt Maria Graubart das Schuhhaus Graubart einige Jahre weiter. Der gemeinsame Sohn Erik Friedrich Graubart besucht das Realgymnasium Adolf-Pichler-Platz und wandert später in die USA aus.“
Heiliggeiststraße 2

Heiliggeiststraße 2

„In der Heiliggeiststraße 2 wohnt die Familie Dubsky, im selben Haus befindet sich auch die Branntweinbrennerei der Familie. Diese besteht dabei aus dem 41-jährigen Egon Dubsky, der jedoch nach einem Selbstmordversuch aus Verzweiflung aufgrund der NS-Schikanen und der Arisierung seiner Firma seit Oktober 1938 in der Innsbrucker Klinik liegt, seiner Frau Luise Dubsky und dem 91-jährigen Vater Egons Leopold Dubsky, der Seniorchef der „Ersten Tiroler Essigsport- und Likörfabrik, Branntweinbrennerei und Obstverwertungsindustrie“ ist.
In der Pogromnacht wird die Familie Dubsky von SS-Männern aus dem Schlaf gerissen, die zuvor schon das Geschäftslokal der Familie Hermann in der Leopoldstraße 28 zerstörten. Dabei dringen neun SS-Männer gewaltvoll in die Wohnung der Dubskys ein und verhindern sodann, dass die sich schon am Hörer befindliche Luise Dubsky Hilfe rufen kann. Die SS-Männer fragen nach dem Verbleib von Egon, worauf ihnen Luise wahrheitsgemäß entgegnet, dass sich dieser stationär auf der Klinik befindet. Die SS-Männer beginnen daraufhin die gesamte Wohnung der Dubskys zu zerstören und lassen fast keinen Einrichtungsgegenstand aus. Luise und ihr 91-jähriger Schwiegervater werden jedoch nicht tätlich angriffen. Nachdem die SS-Männer die Wohnung verlassen, treffen sie im Stiegenhaus auf einen weiteren Trupp von Männern. Deshalb ist es nicht gesichert überliefert, wer die Firma der Familie Dubsky im Anschluss verwüstet, jedoch gehen die Männer ähnlich vor wie bei der Verwüstung der Firma der Familie Hermann. Luise Dubsky wird den Schaden auf 30.000 bis 40.000 (alte) Schilling bemessen, den in der Wohnung auf etwa 10.000.
Nachdem die SS-Männern abziehen, kommen zwei Männer vorbei, die sich als Gestapo-Beamte ausweisen, sich nach Verletzten erkundigen, die Wohnungstür notdürftig reparieren und der Familie raten, die Zimmertüren abzusperren. Gegen sechs Uhr früh kommen zwei Polizisten zur Wohnung und lassen Luise Dubsky wissen, dass sie glücklich sein solle, dass sie nicht ermordet wurden, wie es anderen passierte.
Leopold Dubsky stirbt 1940 im 93. Lebensjahr an einem natürlichen Tod in Innsbruck. Egon Dubsky wird im Mai 1943 aus der Heil- und Pflegeanstalt Hall ins Arbeitserziehungslager Reichenau überstellt, wo er vom Gestapochef persönlich am 2. Juni 1943 aus Willkür erschossen wird. Die Firma der Dubskys wird nach 1945 mitsamt Liegenschaften an die verwitwete Luise Dubsky restituiert.“
Innufer an der Haller Straße

Innufer an der Haller Straße

„Nach der Pogromnacht geht das Gerücht in Innsbruck um, dass nicht nur die in der Beethovenstraße 5 wohnhaften Julius und Laura Popper ins Wasser geworfen wurden, sondern auch eine unbekannte Jüdin. Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um zwei Jüdinnen, namentlich die 81-jährige Klara Kohtz und ihre Tochter Lotte. Beide kommen eigentlich aus Garmisch-Partenkirchen, wo Klara Kohtz am Morgen des 10. Novembers verhaftet wird. In der Haft verlangt die dortige NSDAP unter Androhung der Einlieferung in ein Konzentrationslager oder der direkten Ermordung von allen Verhafteten, die Stadt sofort mit dem nächsten zu erreichenden Zug zu verlassen und nie wieder zurückzukehren. Noch am selben Tag um 16:30 verlassen Klara und Lotte Kohtz mit dem Zug Garmisch-Partenkirchen und steigen dann in Innsbruck aus. Dort fassen sie den Entschluss, lieber den Freitod zu suchen, anstatt sich weiterhin Verfolgung auszusetzen. Sie stürzen sich gemeinsam in den Inn.
Die Leiche von Klara Kohtz wird am 11. November östlich des Zentrums von Innsbruck aus dem Inn geborgen. Ihr Sohn Reinhold Kohtz lässt ihn zur Einäscherung nach München bringen. Die Leiche von Lotte Kohtz wird erst am 12. Juni 1939 in der Nähe von Kundl im Inn gefunden.“
Kaiser-Franz-Josef-Straße 4

Kaiser-Franz-Josef-Straße 4

„In der Parterrewohnung der Kaiser-Franz-Josef Straße 4 lebt die Familie Gottlieb, die aus der 72-jährigen Eszti Gottlieb und der 29-jährigen Cäzillie Gottlieb besteht. Der 49-jährige Arthur Gottlieb hat Innsbruck schon im April 1938 verlassen. Ebenso in der Wohnung ist ein jüdischer Untermieter namens Fischer, wobei es sich sehr wahrscheinlich um Ernst Fischer handelt.
In der Pogromnacht klingeln SA-Männer die Bewohner:innen der Parterrewohnung der Kaiser-Franz-Josef-Straße 4 aus dem Schlaf. Nachdem Eszti Gottlieb ihnen die Türe öffnet, begeben sich die SA-Männern sogleich in die Wohnung und fragen nach männlichen Juden, was Eszti verneint. Die SA-Männer glauben ihr dies jedoch nicht und durchsuchen die Wohnungen, wobei sie auf den jüdischen Untermieter Fischer treffen, der in einem separaten Zimmer wehrlos auf seiner sich auf dem Boden befindlichen Matratze liegt. Sie gehen sofort auf ihn los und schlagen ihm ins Gesicht, auf den Kopf und den Oberkörper. Eszti und Cäzillie Gottlieb verlassen Innsbruck kurz nach der Pogromnacht und sind ab dem 17. November 1938 als geflüchtet abgemeldet. Über das weitere Schicksal von Herrn Fischer ist leider nichts bekannt.“
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Leopoldstraße 28

Leopoldstraße 28

„In der Leopoldstraße 28 lebten noch bis zum 20. Oktober 1938 Alois Hermann, seine Frau Wilhelmine und der Sohn Richard, diese haben jedoch Innsbruck schon Richtung Wien verlassen. Die einzigen noch verbleibenden Familienmitglieder im Haus sind die „arische“ Frau Richards Martha Hermann und deren gemeinsamer 2-jähriger Sohn Nikolaus Alois, die im 3. Stock des Gebäudes wohnen.
In der Pogromnacht dringen SA-Männer in die Leopoldstraße 28 ein und klingeln bei der ehemaligen Wohnung von Wilhelmine und Alois Hermann, dem das Geschäftslokal seiner Spirituosenfabrik und die Getränkehandlung im Parterre des Gebäudes gehören – den Besitz des Hauses selbst hat er seinem „arischen“ Enkelsohn Nikolaus Alois übertragen, um der Arisierung zu entgehen. Diese sind jedoch schon seit dem 20. Oktober mit ihrem Sohn Richard nach einer Verhaftung von Alois nach Wien gegangen. Statt ihnen lebt nun die Familie eines SS-Untersturmführers in der Wohnung, die von den eindringenden SS-Männern aus dem Schlaf geklingelt wird. Mutter und Tochter werden geweckt, der Mann ist selbst als Täter der Pogromnacht in der Stadt unterwegs. Nachdem sie nicht der Aufforderung der Eindringlinge nachkommen, die Tür zu öffnen, wir diese aufgebrochen und die Frau des SS-Manns wird an den Schultern gepackt und geschüttelt. Die Tochter versucht noch den Irrtum aufzulösen, wird jedoch nicht beachtet. Erst nachdem der Hausmeister, den die SS-Eindringlinge mit einer Waffe bedrohen, diese über ihren Irrtum aufklärt, lassen diese von der Frau des SS-Untersturmführers ab. Diese wird gefragt, ob sie noch Familienmitglieder der Hermanns im Gebäude befinden, was diese verneint. Sie verschweigt jedoch, dass sich die mit ihr verwandte Martha Hermann, geborene Wild, mit ihrem Sohn im 3. Stock des Gebäudes befindet. Die SS-Eindringlinge verlassen die Wohnung und gehen ins Parterre, wo sich das Geschäftslokal von Alois Hermann befindet, welches sie verwüsten und zerstören. Martha Hermann nimmt dies zum Anlass nach unten zu gehen, nachdem sie zuvor zögerte, wird jedoch von der Frau des SS-Untersturmführers davon abgehalten. Stattdessen ruft Martha den Kellermeister und den Buchhalter der Firma von Alois Hermann an und informiert diese über den Einbruch in das Geschäftslokal, wo nun eine Brand- und Explosionsgefahr besteht. Der Buchhalter informiert die Polizei, ihm wird jedoch nur gesagt, dass diese bereits informiert sei. Als er selbst zum Geschäftslokal gehen will, trifft er auf zwei Gestapo-Beamte, die ihn über die Aktion informieren und zum Weggehen raten – er schaut sich dennoch im Lokal um und sieht die Zerstörung. Eben diese Gestapo-Beamte treten dann in die Leopoldstraße 28 ein, wo sich Martha Hermann ihnen als sich in Scheidung befindliche Gattin des Fabrikanten ausgibt, der sich in Wien aufhalte. Die Gestapobeamten glauben ihr jedoch nicht, weshalb diese eine Wohnungsdurchsuchung vornehmen.
Die auf Nikolaus Alois überschriebene Firma Hermann wird zwangsweise stillgelegt und auch auf Drängen des Gauleiters an die Südtiroler Firma Lauda veräußert – ein Verkauf für einen angemessenen Preis wird davor immer wieder verhindert. Im Oktober 1941 werden die sich in Wien befindlichen Alois und Wilhelmine Hermann ins Ghetto Lodz deportiert, von wo aus sie weiter ins Vernichtungslager Chelmno verschleppt werden, wo sie 1942 umgebracht werden. Richard Hermann kann mit seinem Sohn Nikolaus Alois Hermann in die USA fliehen und dort überleben. Nach dem Krieg können die Hermanns zwar ihren Betrieb durch langwierige Verfahren wieder zurückerhalten, doch dieser wurde in den Bankrott getrieben und die Firma Lauda, die inzwischen in die ehemaligen Räumlichkeiten der Firma Dubsky – die einst der Familie Dubsky gehörte, die in der Pogromnacht ebenso in Innsbruck angegriffen wurde – in der Heiliggeiststraße residiert, hat ihnen die Geschäftsgrundlage entzogen.“
Maria-Theresien-Straße 25

Maria-Theresien-Straße 25

„In der Pogromnacht wird ein wahrscheinlich jüdischer Untermieter in der Maria-Theresien-Straße 25 von NSKK-Männern misshandelt, die schon im Laufe der Nacht zuvor andere jüdische Familien im Stadtgebiet malträtierten. Mehr als diese kurze Information ist leider nicht übermittelt, insofern ist auch die Identität oder das weitere Schicksal des jüdischen Untermieters nicht bekannt.“

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Maria-Theresien-Straße 33

Maria-Theresien-Straße 33

„In der Maria-Theresien-Straße 33 lebt die Familie Spindel, die aus dem 50-jährigen Artur Spindel – bis zur Arisierung im Juni 1938 Besitzer der Firma Tiroler Bauarbeiten Ges.m.b.H –, seiner 38-jährigen Frau Martha – ihrerseits Säuglingsschwester – und den beiden Kindern Susi (3 Jahre alt) und Alexander (6 Jahre alt) besteht. Ebenso in deren Wohnung befindet sich auch Marthas Mutter Ida Schwarz, die eine ehemalige Gesellschafterin der Firma Bauer & Schwarz (heute Kaufhaus Tyrol) ist. Außerdem in der Maria-Theresien-Straße 33 lebt die Familie Adler, die aus Wilhelm Adler, der 59-jährigen Alice Adler und der gemeinsamen 21-jährigen Tochter Ilse Alder besteht. Die Tochter Magda Schwarz lebt bei ihrem Ehemann in der Falkstraße 18. Im vierten Stock lebte bis zum 16. Oktober Ernst Schwarz, der jedoch aufgrund seiner Tätigkeit im Widerstand in Haft sitzt.
Gegen drei Uhr in der Nacht der Pogromnacht verschaffen sich SA-Männer Zugang in die Maria-Theresien-Straße 33, wo ihnen der Hausmeister unwissend die Tür öffnet. Nachdem sie im Haus sind, stürmen sie sofort in den zweiten Stock und brechen dort die Wohnungstür der Familie Spindel auf, da ihnen nicht sofort geöffnet wird. In der Wohnung schlagen sie auf Artur Spindel ein, verwüsten die Wohnung und zerstören Mobiliar.
Danach gehen die SA-Männer in den dritten Stock und suchen die Familie Adler heim, wo sie Auskunft über den Verbleib aller männlichen Juden verlangen und Alice als auch Ilse Adler zur schnellstmöglichen Ausreise auffordern. Beide werden von den SA-Männern in im Badezimmer eingesperrt, ehe sie die Wohnung verlassen. Doch damit ist das Unheil noch nicht vorbei.
Nur kurz nachdem der erste Trupp an SA-Männern das Haus verlassen hat, kommt ein Trupp von mindestens acht NSKK-Männern und verschafft sich wieder Zugang zum Haus. Sie lassen sich nicht von weiteren Taten abhalten, obwohl schon SA-Männer vor Ort waren, wie der Hausmeister ihnen mitteilt. Sie suchen die Familie Spindel auf, bei der sie erneut (wahrscheinlich) Artur Spindel angreifen. Danach gehen sie wieder einen Stock höher zur Familie Adler und verlangen Auskunft über der Verbleib des Familienvaters Wilhelm Adler. Tragischerweise gibt Ilse Adler den NSKK-Männern die Information, dass ihr Vater aktuell in der Falkstraße 18 bei ihrer Schwester Magda lebt. Mit dieser Info verlassen die Täter das Haus.
Artur Spindler ist stark verletzt und liegt in einer Blutlache. Dies ist kein Grund für die später eintreffenden Gestapo-Beamten, ihn nicht in „Schutzhaft“ zu nehmen, die er erst wieder am 19. November verlassen kann. Tags darauf muss die Familie Spindler Innsbruck nach Wien verlassen, von wo ihnen 1939 die Flucht nach Palästina (heute Israel) gelingt. Marthas Mutter Ida Schwarz verbringt Ende November eineinhalb Wochen in München, danach zwei Nächte wieder in Innsbruck, ehe sie am 10. Dezember 1938 zwangsweise nach Wien übersiedelt, um von dort aus 1939 nach Brasilien zu ihrer Tochter Anni zu fliehen. Sie kehrt ab 1951 wieder nach Innsbruck zurück.
Wilhelm Adler kann sich durch glückliche Umstände in der Pogromnacht schadlos halten, jedoch muss die Familie Adler auch zwangsweise nach Wien übersiedeln. Von dort aus gelingt Ilse 1939 die Flucht nach England, während ihre Eltern 1941 nach Riga deportiert und dort ermordet werden.“
Museumstraße 6

Museumstraße 6

„In der Museumstraße 6 lebt die Familie Fuchs. Sie besteht aus dem 38-jährigen Eduard Fuchs, der bis zur Arisierung Gesellschafter des Juweliergeschäfts seines verstorbenen Vaters Leopold ist, und seiner verwitweten 63-jährigen Mutter Lilly Fuchs. Eduards Schwester Wally ist zum Zeitpunkt der Pogromnacht wahrscheinlich schon nach London ausgewandert.
In der Pogromnacht wird die Familie Fuchs von SA-Männern aus dem Schlaf geklingelt. Nachdem Eduard Fuchs die Tür öffnet und auch die Mutter Lilly sich zur Wohnungstür begibt, verschaffen sich die SA-Männern sogleich Zugang zur Wohnung, indem sie die Familie täuschen. In der Wohnung werden dann Eduard Fuchs von einem ihm bekannten SA-Mann Vorwürfe gemacht, bevor dieser beginnt auf ihn einzuschlagen. Die SA-Männer gehen sodann auf Eduard Fuchs los und schlagen diesen nicht nur, sondern treten ihn auch. Lilly Fuchs versucht ihren Sohn zu verteidigen, wird daran aber gehindert und in ein Zimmer eingesperrt. Die SA-Männer schlagen weiter auf Eduard Fuchs ein und tun dies sogar mit einem Schlagring, womit sie ihm wahrscheinlich das Nasenbein brechen. Erst danach verlassen sie die Wohnung und ein SA-Mann gibt Eduard Fuchs zu verstehen, dass dieser verschwinden solle, damit ihm nichts mehr passiere. Dies tun Eduard und Lilly Fuchs auch, indem sie die Wohnung noch während der Nacht verlassen. Dass dies eine richtige Entscheidung war, zeigt sich später klar, da ein anderer Trupp an SA-Männern im Verlauf der Nacht die Museumstraße 6 erneut heimsucht, dem auch SA-Männer des ersten Trupps angehören. Dort finden sie nur noch eine leere Wohnung vor, die sie verwüsten und schwer zerstören.
Eduard und Lilly Fuchs kehren in der Pogromnacht nicht mehr in ihre Wohnung zurück. Stattdessen fahren sie nach München, wo Eduard Fuchs inhaftiert wird, woraufhin Lilly Fuchs einen Nervenzusammenbruch erleidet und einige Zeit in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden muss. Beide kehren später wahrscheinlich nur noch einmal kurz nach Innsbruck zurück, bevor sie endgültig fliehen. Zuerst gehen sie nach London, von wo aus sie 1940 in die USA auswandern. Dort lassen sie sich in New York als Lilli und Edward Furlton nieder. Lilli stirbt 1961 und ihr Sohn 1978.“
Salurner Straße 3

Salurner Straße 3

„Die Familie Pasch, bestehend aus Vater Friedrich, Mutter Rosa und die Töchter Dora, Trude und Ilse – letzterer gelang im Oktober 1938 die Flucht nach London –, wird in der Nacht von sechs SA-Männern aus dem Schlaf gerissen und attackiert. Friedrich Pasch wird beim Angriff schwer im Gesicht verletzt, Dora und Trude erhalten beide jeweils eine Ohrfeige. Der aus Mund und Nase blutende Friedrich Pasch wird von einem der SA-Männer im Anschluss aus der Wohnung entführt, mit dem Auftrag, ihn in die Sill zu werfen. Friedrich fleht um sein Leben und dieses wird ihm auch gelassen. Er wird später zurück in seine Wohnung zu seiner Familie gebracht. Davor wird er jedoch noch vom SA-Mann über den Verbleib seines Bruder Julius Pasch befragt, jedoch gibt Friedrich keine Auskunft darüber.
Friedrich Pasch wird nach dem Novemberpogrom in „Schutzhaft“ genommen und mehrere Tage festgehalten. Nach seiner Entlassung flieht die Familie zuerst über verschiedene Wege nach Wien und anschließend nach London. Dort kann sich die Familie nur schwer über Wasser halten und der herzkranke Vater stirbt 1944 dort. Die restliche Familie überlebt den Krieg.“
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Salurner Straße 8

Salurner Straße 8

„In der Salurner Straße 8 lebt die Familie Landauer, die aus dem 55-jährigen Siegfried Landauer – ehemaliger Vorsitzender der Kultusgemeinde Hohenems –, seiner 53-jährigen Frau Laura Landauer und den beiden Töchtern Johanna (24 Jahre) und Irma (18 Jahre) besteht. Der gemeinsame 27-jährige Sohn Leonhard flüchtete schon direkt nach dem „Anschluss“ im März 1938 in die Schweiz. In der Wohnung der Landauers untergekommen sind auch die Kinder Hans (7 Jahre) und Ernst David (3 Jahre) Heuer, da deren Eltern nicht in Innsbruck sind. Der Vater und Arzt Munisch Heuer ist mit einem Visum kurz vor der Pogromnacht nach Kaunas (Kowno) in Litauen ausgewandert, und die Mutter Selda ist in Wien und bemüht sich um Visa für sich und ihre Kinder.
In der Pogromnacht werden die Bewohner*innen der Salurner Straße 8 lange nach Mitternacht von SA- oder NSKK-Männern aus dem Schlaf gerissen. Diese dringen in die Wohnung ein, verwüsten diese, zerstören Mobiliar und verprügeln Siegfried Landauer. Laura, Johanna und Irma werden nicht angegriffen, genauso wie die kleinen Kinder Hans und Ernst. Ersterer versteckt sich unter dem Sofa im Speisezimmer, das für ihn als Schlafstätte hergerichtet wurde, und letzterer bekommt alles aus der zweckentfremdeten Vorratskammer mit, in der er einquartiert wurde.
Siegfried Landauer wird blutend von den Tätern liegen gelassen und in der Nacht noch in „Schutzhaft“ genommen. Am 24. November 1938 müssen Siegfried, Laura, Joanna und Irma nach Wien übersiedeln, werden jedoch 1942 in das Vernichtungslager Maly Trostinec in der Nähe von Minsk deportiert, wo sie ermordet werden.
Am selben Tag, an dem die Familie Landauer Innsbruck verlässt, macht sich auch die mittlerweile nach Innsbruck zurückgekehrte Selda Heuer mit ihren Kindern Hans und Ernst auf den Weg nach Litauen zu ihrem Mann, der dort wieder als Arzt praktiziert. 1942 werden sie von dort aus in das Ghetto und spätere Konzentrationslager von Kaunas deportiert, von wo sie 1944 ins KZ Danzig kommen. Dort werden Selda und Hans direkt nach der der Ankunft ermordet. Munisch Heuer stirbt in den letzten Kriegstagen bei Schwabhausen während der Räumung der Lager von Kaufering in einem mit KZ-Häftlingen überfüllten Zug – tragischerweise durch amerikanische Bomben. Einzig Ernst Heuer kann alle Konzentrationslager überleben und kehrt 1945 nach Innsbruck zurück. Ein Jahr später reist er nach Italien ab, kommt daraufhin nach Frankreich und von dort wandert er 1948 nach Israel aus, wo er seitdem als David Ben-Dor lebt.“
Schillerstraße 4

Schillerstraße 4

„In der Schillerstraße 4 lebt die Familie Rosenstein, die aus der 53-jährigen verwitweten Helene Rosenstein und ihrem 28-jährigen Sohn Fritz Rosenstein besteht. Die weiteren Kinder Erich, Erna und Jenny sind nicht mehr in Innsbruck wohnhaft.
In der Pogromnacht kommt ein Trupp an Männern, wahrscheinlich SA-Angehörige, zur Schillerstraße 4 und verschafft sich Zugang zum Haus, ohne dabei offenbar die Haustür zu beschädigen. Fritz und Helene Rosenstein werden jedoch spätestens durch enormen Lärm aus dem Schlaf gerissen, als die Angreifer versuchen, in ihre Wohnung einzudringen. Sie brechen die Tür auf und zehn Männer stürmen die Wohnung, in der Fritz Rosenstein nach dem Verbleib seines 20-jährigen Bruders Erich befragt wird, der jedoch schon nach Palästina (heute Israel) flüchtete. Danach stellt sich Fritz Rosenstein schützend vor seine Mutter, was die Männer als Anlass nehmen, auf ihn einzuschlagen. So wird Fritz gewürgt, mit Knüppeln geschlagen, mit Füßen getreten und mit Schlagringen und Eisengegenständen malträtiert. Während auf Fritz eingeschlagen wird, kann Helene Rosenstein das Fenster öffnen und um Hilfe rufen, woraufhin sie gewürgt und niedergeschlagen wird. Eine Bewohnerin der Schillerstraße bekommt den Angriff auf die Rosensteins mit und versucht mit den Männern zu reden, jedoch vergeblich.
Die Angreifer schleppen danach Fritz und Helene Rosenstein aus dem Haus und schleifen diese die Schillerstraße entlang. Mitten in der Straße werden sie erneut gewürgt und geschlagen, es entsteht dabei auch ein immer größer werdender Trott an Menschen, die sich beteiligen oder zusehen – es sind an die 30 Männer, die auf Fritz Rosenstein einschlagen. Dieser verliert im Laufe der Angriffe das Bewusstsein. Helene Rosenstein wird von drei oder vier Männern weiter verschleppt und die Straße entlang geschliffen, bis sie auf einen anderen Trupp an SA-Männern in einem Auto treffen, die zuvor die Familie Popper angriffen und in die Sill warfen. In jenes Auto wird Helene Rosenstein nun gezwängt. Zuerst wollen die Männer mit ihr erneut zur Sill fahren, um sie dort hineinzuwerfen, sodass sie ertrinkt, jedoch entscheiden sie sich dagegen und fahren mit ihr in die Reichenauer Felder, wo sie ihr einen Tritt versetzen und liegen lassen. Erst am Morgen wird sie in der Reichenau gefunden und am 11. November in die Klinik eingeliefert.
Fritz Rosenstein wird nach dem Angriff zu einem anderen Auto getragen und zur Gestapo in der Bienerstraße 8 gebracht, wo er sich mit anderen in „Schutzhaft“ genommenen Juden an einer Wand stellen muss. Dort wird er von einem alten Bekannten aus Kinderzeiten erkannt, der ihn daraufhin der anti-nationalsozialistischen Propaganda bezichtigt, was dazu führt, dass sein Kopf gegen die Mauer geschlagen wird, sodass er blutüberströmt liegen bleibt. In Haft verbleibt er acht Tage komplett ohne ärztliche Untersuchungen, obwohl er schwer verletzt ist. Insgesamt muss er zwei Wochen in Haft verbringen und kommt erst wieder frei, als seine offensichtlichen Verletzungen nicht mehr sichtbar sind. Außerdem wird er dazu verpflichtet, Innsbruck innerhalb von drei Tagen zu verlassen und kein Wort über die Angriffe zu verlieren. Zurück in der Wohnung stellt er fest, dass viele Möbel zerstört oder gestohlen sind.
Bald nach der Entlassung von Fritz Rosenstein fahren er und seine Mutter nach Wien zur Tochter bzw. Schwester Jenny. Fritz, Jenny und deren Ehemann können am 20. Dezember 1938 über Aachen nach Belgien fliehen. Fritz Rosenstein flüchtet 1940 nach Nordfrankreich, wo er verhaftet und interniert wird. Durch die Hilfe eines österreichischen Wehrmachtssoldaten entkommt er jedoch und versteckt sich bis zur Befreiung Belgiens, wo er dann als Dolmetscher bei Verhören von Nationalsozialisten und Kriegsverbrechern mitwirkt. In Belgien lässt er sich dann auch nieder. Helene Rosenstein gelangt zuerst nach England, kann jedoch 1940 dank eines Visums zu ihrer Tochter Jenny nach Bolivien fliehen. Von dort aus übersiedeln beide später nach Arizona in den USA, wo Helene Rosenstein 1968 stirbt.“
Sillgasse 15

Sillgasse 15

„In der Sillgasse 15 befindet sich nicht nur die Synagoge, die in der Pogromnacht zerstört wird, sondern im zweiten Stock auch die Wohnung der Familie Dannhauser. Diese besteht aus der 98-jährigen verwitweten Berta Dannhauser, die von ihren verwitweten Töchtern Helene Jäger und Regina John versorgt wird. Ebenso in der Wohnung ist Reginas gelähmter Sohn Rudolf John. In der Pogromnacht dringt eine SA-Gruppe in die Wohnung der Dannhausers ein, jedoch sind keine Einzelheiten aus der Nacht bekannt. Es wird jedoch erzählt, dass Berta Dannhauser von den SA-Männern misshandelt wird.“

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Templstraße 8

Templstraße 8

„In der Villa Kappelsberger in der Templstraße 8 leben die Hausbesitzerin Johanna Kappelsberger und die zwei jüdischen Familien Meisel und Dimand. Die Familie Meisel besteht aus dem 56-jährigen Julius Meisel, dessen Modegeschäft in der Anichstraße 3 arisiert wurde, und seiner 45-jährigen Frau Rosa. Die Familien Dimand besteht aus dem 42-jährigen Bernhard Dimand und seiner 38-jährigen Frau Dominika Dimand.
In der Pogromnacht dringen NSKK-Männer in die Villa Kappelsberger ein und verwüsten Räumlichkeiten des Hauses der evangelisch getauften Johanna Kappelsberger, da sie in ihrem Haus Juden und Jüdinnen vermuten, was Johanna verneint. Davon lassen sich die NSKK-Männer nicht abwimmeln und dringen in mehrere Räume ein, auch von nicht betroffenen Untermieter:innen.
Während der Randale in der Villa Kappelsberger greifen die NSKK-Männer zuerst Julius Meisel an, der vor seiner Frau Rosa aus dem Bett gezerrt wird und in den Garten des Hauses geschleppt wird. Dort wird mit Schuhen auf ihn eingetreten und er in das Wasserbassin eines Springbrunnes geworfen, ehe mit einer Eisenstange auf ihn eingeschlagen wird. Während ihrer Angriffe entkleiden die NSKK-Männer Julius komplett und lassen ihn danach im Brunnenbecken liegen. Als er später versucht, aus diesem zu klettern, wird er wieder zurück in den Brunnen getreten.
Auch die Familie Dimand wird angegriffen. Als die NSKK-Männer in die Wohnung eintreten, schlagen sie zuerst die Einrichtung kaputt, ehe sie Bernhard Dimand mit Schlägen und Tritten schwer angreifen. Er wird auch mit Wasserkrügen malträtiert, die zu Platzwunden auf seinem Kopf führen. Danach wird Bernhard aus der Wohnung gezerrt, die Treppe in den 1. Stock hinuntergeworfen und anschließend mit seiner Frau in ein Badezimmer eingesperrt.
Julius Meisel und Bernhard Dimand werden noch in der Pogromnacht in „Schutzhaft“ genommen. Nachdem sie wieder freikommen, versuchen beide Familien aus Innsbruck zu fliehen. Die Dimands fliehen nach Frankreich, wo Bernhard 1943 nach mehrere Aufenthalten in Lagern in das Vernichtungslager Sobibor-Maidanek deportiert und dort ermordet wird. Die katholisch aufgewachsene Dominika kann sich verstecken und überlebt die NS-Zeit. Die Meisels übersiedeln am 3. Dezember nach Wien, werden doch jedoch 1942 nach Riga deportiert, wo beide umgebracht werden.“
"Die Geschichten der Opfer der Pogromnacht sind tragisch und mahnen uns heute noch, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Gerade Innsbruck als einer der brutalsten und blutigsten Schauplätze hat hier eine gesonderte historische Verantwortung. Es darf aus dieser Verantwortung heraus nie ein Schlussstrich unter die Erinnerung an die Gräuel der NS-Zeit gezogen werden."
Dejan Lukovic

Erinnerung

Wir haben versucht, die Geschichten der Opfer der Pogromnacht in Innsbruck in den Vordergrund zu rücken und aufzuzeigen, welche Schicksale hinter den damaligen Geschehnissen liegen. Vielen Innsbrucker:innen ist dabei gar nicht bewusst, wie viele Angriffe es in unserer Stadt gab und dass sich diese über große Teile des Stadtgebiets erstreckten – diesem Missstand wollten wir mit dieser Reihe zumindest ein wenig entgegensetzen.

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